 
 
  Ein Tag im Museum
 
  
 
  © Inez Maus 2014–2025
 
 
 
 
 
 
   
   
 
 
  Einer meiner am häufigsten gelesenen Blogartikel im vergangenen Jahr war der Beitrag „Ein Tag am Strand“. 
  Viele Zuschriften bestätigten mir, dass die Urlaubszeit für autistische Kinder meist nicht die langersehnte und 
  zugleich schönste Zeit des Jahres ist, denn Urlaub bedeutet in der Regel massive Veränderungen, besonders 
  dann, wenn der Urlaub mit einer Reise verbunden ist.
  Aber auch dann, wenn die Ferien ganz oder teilweise zu Hause verbracht werden, ist diese Zeit von massiven 
  Veränderungen geprägt: der Schulalltag fällt weg, Therapie und Freizeitaktivitäten werden oft durch Urlaubszeiten 
  der durchführenden Personen verschoben oder sie fallen aus, Ferienprogramme oder die zeitweise Unterbringung 
  bei Verwandten können auf dem Plan stehen. Autistischen Kindern und Jugendlichen fällt es meist besonders 
  schwer, die freie Zeit in den Ferien mit Aktivitäten zu füllen und diese entsprechend zu strukturieren. Selbst wenn es 
  ihnen nicht an Ideen mangelt, kann es ihnen Probleme bereiten, die gewünschten Aktivitäten in die Tat umzusetzen.
  Eine gute Möglichkeit, einen Ferientag mit einer strukturierten Aktivität zu füllen, stellt der Besuch eines Museums 
  oder einer Ausstellung dar – besonders dann, wenn der aufgesuchte Ort den Interessen des autistischen Kindes 
  oder Jugendlichen entspricht oder wenigstens nahekommt. Jedoch stellt auch ein solcher Besuch eine 
  Veränderung mit vielen vorher nicht planbaren Variablen dar. Autistische Kinder und meist auch Jugendliche 
  verfügen aufgrund ihrer Besonderheiten kaum über Strategien zum Bewältigen solcher Veränderungen, was unter 
  anderem bedeutet, dass sie die Dauer und das Ende einer Veränderung schlecht einschätzen und keinen 
  Handlungsplan abrufen können, um mit der Veränderung umzugehen. Zudem können mannigfaltige sensorische 
  Erlebnisse am Ausflugsort schnell zur Belastung werden oder in einer Reizüberflutung münden.
  Eine vorausschauende Planung des bevorstehenden Ereignisses erhöht deutlich die Chance auf dessen Gelingen. 
  Vorausschauende Planung bedeutet zuerst einmal, dass genügend Zeit einkalkuliert wird, damit sich das 
  autistische Kind auf das Kommende einstellen kann. Das gilt sowohl für Aktivitäten am Heimatort als auch an einem 
  Urlaubsort. Die benötigte Zeit ist individuell sehr verschieden, aber die Erfahrungen vieler Eltern zeigen, dass an 
  Urlaubsorten generell längere Ankündigungszeiten eingeplant werden müssen. 
  Je besser Aktivitäten und Umstände vorhersehbar sind, desto leichter fällt es autistischen Kindern sich darauf 
  einzulassen. Vorhersehbarkeit kann durch das Einholen und kindgerechte Vermitteln möglichst vieler Details 
  geschaffen werden.
  Nützliche Informationen zu einem Museums- oder Ausstellungsbesuch können folgende sein:
  •
  
  Welches Museum oder welche Ausstellung werden wir besuchen? Was ist dort ausgestellt? Viele Museen 
  bieten inzwischen im Internet reichlich Informationen, Lagepläne, Fotos oder auch virtuelle Rundgänge an. 
  Diese Informationen ermöglichen eine gewisse Vorhersehbarkeit, wecken vielleicht auch Lust auf bestimmte 
  Exponate oder Ausstellungsbereiche und ermöglichen es, den Rundgang vorab zu planen.
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  Der Beginn und auch das Ende des Museumsbesuches sollten ebenso geplant werden wie die Aktivitäten davor 
  und danach. Ein entspanntes Lieblingsfrühstück vor dem Aufbruch zum Ausflug kann beispielsweise die 
  Erfolgsaussichten deutlich erhöhen.
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  Einige autistische Kinder reagieren empfindlich auf bestimmte Wetterlagen. Das können Wind, Regen oder 
  auch praller Sonnenschein sein. Wenn dies der Fall ist, sollten solche Tage nach Möglichkeit nicht für 
  besondere Aktivitäten genutzt werden, sondern eher zu Hause oder in der Unterkunft mit für das Kind 
  angenehmen Beschäftigungen verbracht werden.
  •
  
  Eine Aussage über die Art und Weise, wie der Weg zum Museum zurückgelegt wird (z. B. zu Fuß, mit dem Bus, 
  mit dem Auto oder mit dem Zug) kann ebenfalls dazu beitragen, dass autistische Kinder dem geplanten 
  Museumsbesuch mit einem guten Gefühl entgegensehen oder sich sogar darauf freuen.
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  Das autistische Kind sollte ebenfalls die zuverlässige Information erhalten, welche Personen zum Besuch des 
  Museums mitkommen werden. 
  Die Planung der Begleitumstände eines Museumsbesuches trägt ebenfalls häufig zu einem guten Gelingen des 
  Ausfluges beitragen. Begleitpersonen eines autistischen Kindes sollten vorab über die folgenden Punkte 
  nachdenken: 
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  Welche Gegenstände zum eventuellen Beruhigen und Beschäftigen können für das Kind mitgenommen 
  werden?
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  Welche Möglichkeiten des Rückzuges gibt es am Veranstaltungsort, falls es doch zu einer Reizüberflutung oder 
  sonstigen Überlastung kommt?
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  Welche Speisen und Getränke können am Ausflugsort erworben werden und sind dort Dinge dabei, die das 
  autistische Kind problemlos oder sogar gern isst und trinkt? Oder müssen Speisen und Getränke mitgenommen 
  werden?
  Wenn das autistische Kind trotz sorgfältiger Planung von der Fülle der Exponate im Museum überfordert ist, dann 
  kann hier oft mit einer einfachen Methode Abhilfe geschaffen werden: Die begleitende Person kauft im 
  Museumsshop eine Postkarte mit der Abbildung eines Exponates. Diese Postkarte wird dem Kind mit der Bitte 
  ausgehändigt, das abgebildete Exponat im Museum zu suchen. Diese Beschäftigung verleiht dem Museumsbesuch 
  eine Struktur und spricht die visuellen Präferenzen autistischer Kinder an. Sollte eine Postkarte nicht ausreichen, 
  können natürlich auch mehrere Postkarten nacheinander zum Einsatz kommen.
  Abschließend möchte ich mit der Anmerkung, dass autistische Kinder nach einem Tag im Museum möglicherweise 
  einen Tag Pause benötigen, bevor ein weiterer Tag mit Ferienaktivitäten folgen kann, denn auch ein gelungener Tag 
  im Museum kann dieses Kind viel Kraft kosten und an den Rand seiner Kraftreserven bringen. Diese Reserven 
  müssen dann beispielsweise mit einem Lese- oder Spieltag zu Hause oder in der Urlaubsunterkunft aufgefüllt 
  werden.
  
 