Anguckallergie

Inez Maus
Blogbeitrag 15. Dezember 2022
Fröhliche Weihnachten überall
© Inez Maus 2014–2024
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Einer meiner meistgelesenen Blogartikel in diesem Jahr begann folgendermaßen: Für viele ist die Urlaubszeit eine immer wieder langersehnte und die zugleich schönste Zeit des Jahres. Für autistische Kinder trifft dies oft nicht zu, denn Urlaub bedeutet massive Veränderungen, besonders dann, wenn der Urlaub mit einer Reise verbunden ist. Für die Weihnachtszeit trifft dies im gleichen Maße zu: Für viele ist die Weihnachtszeit eine immer wieder langersehnte und die zugleich schönste Zeit des Jahres. Autistische Kinder empfinden dies oft nicht so, denn die Weihnachtszeit bedeutet massive Veränderungen, besonders dann, wenn die Weihnachtszeit mit vielen Besuchen verbunden ist. In den letzten Wochen bin ich bei Veranstaltungen und in der persönlichen Kommunikation häufig gefragt worden, was Eltern und Verwandte tun können, damit die Weihnachtszeit mit einem autistischen Kind für alle Familienmitglieder ein harmonisches Erlebnis wird. Ein besonderer Fokus lag dabei immer auf den Geschwistern und deren Bedürfnissen, die oft mit denen des autistischen Kindes nicht deckungsgleich sind. Die Weihnachtszeit mit einem autistischen Kind sollte gründlich geplant und durchdacht werden. Ich möchte an dieser Stelle einige Anregungen geben, wie die Weihnachtstage mit autistischem Kind gelingen können: Die Geschwister wünschen sich wie die restlichen Familienmitglieder oft einen bunt und üppig geschmückten Baum. Das autistische Kind dagegen möchte aufgrund seiner Wahrnehmungsbesonderheiten einen spärlich geschmückten Baum. Eine einfache Lösung, die wir als Familie jahrelang praktiziert haben, kann darin bestehen, dass die Geschwister in ihren Zimmern einen eigenen, kleineren Weihnachtsbaum aufstellen dürfen, den sie dann nach Belieben schmücken können. So fällt es ihnen leichter, sich damit zu arrangieren, wenn für den Familienweihnachtsbaum reizreduzierte Schmückregeln aufgestellt werden. Geschenke gehören zu Weihnachten dazu. Geschenke sind etwas Überraschendes, was meist liebevoll, aufwendig und gelegentlich auch bunt verpackt ist. Überraschungen sind für nicht-autistische Kinder in der Regel eine willkommene Abwechslung, für autistische Kinder bedeuten sie oft Stress, weshalb viele autistische Kinder keine Überraschungen mögen, denn eine Überraschung ist eine Veränderung, die ausgehalten werden muss. Abhilfe kann hier dadurch geschaffen werden, dass das autistische Kind vorher erfährt, welches Geschenk es erhalten wird. Es besteht auch die ebenfalls von uns ausgiebig erprobte Möglichkeit eines Superwunsches. Dazu bastelt das autistische Kind wie seine Geschwister einen Wunschzettel, was aufgrund der Schwierigkeit, Entscheidungen zu treffen, ebenfalls eine Herausforderung für dieses Kind sein kann. Nach Fertigstellung des Wunschzettels darf das autistische Kind den Superwunsch ankreuzen. Das ist dann der Wunsch, den die Eltern garantiert erfüllen. Je nach Persönlichkeit des autistischen Kindes besteht weiterhin die Möglichkeit, aus den anderen Wünschen ein Überraschungsgeschenk dazuzugeben. Die durch die garantierte Erfüllung des Superwunsches erzeugte Sicherheit führt bei vielen autistischen Kindern dazu, dass sie die Unsicherheit des Zusatzgeschenkes gut aushalten und sich dann auch darüber freuen können. Wenn Geschwister die Möglichkeit des Superwunsches ausprobieren möchten, sollten sie auf jeden Fall dazu die Gelegenheit erhalten, damit sie sich nicht zurückgesetzt fühlen. Mit der Erfahrung, die sie mit der Erfüllung des Superwunsches sammeln, können sie im kommenden Jahr fundiert entscheiden, ob sie abermals einen Superwunsch äußern möchten. Bunte Geschenkverpackungen lösen bei autistischen Kindern oft sensorischen Stress aus. Dies kann sowohl die eigenen als auch die Geschenke der anderen Familienmitglieder betreffen. Für das autistische Kind kann es hilfreich sein, wenn das Geschenk nicht verpackt wird oder aber in einfarbiges Papier gewickelt wird. Eine aufgeklebte Schleife wird oft besser angenommen als eine aus Schleifenband geformte Schleife, wobei das Schleifenband zuvor rund um das Päckchen herumgewickelt wurde. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, das Geschenk des autistischen Kindes so zu verpacken, dass der Inhalt trotz Verpackung sichtbar bleibt. Dafür eignet sich Geschenkfolie oder durchsichtige Stofftüten aus dünnem Gewebe. Wenn die unter dem Weihnachtsbaum liegenden, bunt verpackten Geschenke der anderen Familienmitglieder dem autistischem Kind viel Stress bereiten, kann diese Anspannung dadurch verringert werden, dass die Geschenke in einem oder in mehrere große Jutesäcke gesteckt und dann feierlich einzeln hervorgeholt werden. Beim Auspacken der Geschenke ist in der Regel das gesamte Zimmer innerhalb kürzester Zeit mit Papierfetzen, Schleifenbändern, Geschenkanhängern, Verpackungen, Süßigkeiten und Dekorationsartikeln, die sich an Geschenken befanden, übersät. Damit dies nicht zu einer Quelle für eine Reizüberflutung wird, hilft es, vorher eine Kiste oder einen großen Korb aufzustellen. Alle Familienmitglieder werden dazu angehalten, ihre Überbleibsel der Geschenkverpackungen in diese Kiste oder in diesen Korb zu werfen. Somit wird das Chaos mit minimalem Aufwand auf winzigem Raum gebündelt. Diese Kiste oder dieser Korb sollte im Raum verbleiben und der Inhalt erst später getrennt und entsorgt werden, um die Stimmung nicht zu zerstören und um keine unnötigen Reize zu produzieren. An den Weihnachtsfeiertagen gibt es typische Gerichte, die von Familie zu Familie zwar variieren, aber meist nicht den rigiden Essensvorlieben autistischer Kinder entsprechen. Gebäck und Süßigkeiten stellen dabei oft kein Problem dar, wohl aber beispielsweise Kartoffelsalat oder Gänsebraten. Es stellt aber ebenfalls kein Problem dar, wenn das autistische Kind an den Weihnachtsfeiertagen Pommes Frites mit Fischstäbchen isst. Mit wenig Mehraufwand für die Eltern oder Gastgeber können somit Machtkämpfe oder Eskalationen vermieden werden. Das einzige „Problem“, welches sich hieraus ergeben könnte, besteht darin, dass die Geschwister dann vielleicht auch Pommes Frites mit Fischstäbchen essen möchten. Andere Familien zu besuchen oder selbst Besuch zu empfangen, gehört für viele Familien zum Weihnachtsfest dazu. Dies kann aufgrund der ohnehin schon vielen Änderungen und sensorischen Anforderungen, dem das autistische Kind während der Weihnachtstage ausgesetzt ist, schnell zu einer Reizüberflutung führen. Mehrfach angekündigte Besuche mit wenigen Personen, deren geplanter Ablauf dann auch eingehalten wird, sind oft besser für das autistische Kind zu meistern als große Ansammlungen von Personen mit unklaren Anfangs- und Endzeiten. Eine andere Möglichkeit besteht darin, Besuche anderer Familien nicht immer als komplette Familie zu absolvieren. Dem autistischen Kind beschert dies einen Tag Auszeit und möglicherweise intensiv verbrachte Zeit mit einem Elternteil. Eine gemeinsame Familienaktivität kann anschließend dadurch entstehen, dass sich die Familie zeitnah bei Weihnachtsgebäck und Kaffee oder Kakao zusammensetzt und sich über die Erlebnisse austauscht. Abschließen möchte ich mit der Anmerkung, dass autistische Kinder nach den Weihnachtsfeiertagen sehr wahrscheinlich mehrere Tage Ruhe benötigen, bevor die Feierlichkeiten zum Jahresende folgen können, denn auch ein gelungenes Weihnachtsfest kann dieses Kind viel Kraft kosten und an den Rand seiner Kraftreserven bringen. Ich wünsche allen meinen Leserinnen und Lesern ein besinnliches Weihnachtsfest und einen guten Start in das neue Jahr. Ihre