Kommunikation auf Augenhöhe?
 
 
 
  © Inez Maus 2014–2025
 
 
 
 
 
 
  
  
 
 
  Die Corona-Krise beherrscht unser aller Leben noch immer, auch wenn die Lockerungen der Beschränkungen für 
  viele etwas Entlastung bringen. Einige Autistinnen und Autisten schrieben mir, dass sie das Alleinsein als angenehm 
  empfinden, besonders dann, wenn sie vor dieser besonderen Situation von wohlmeinenden Angehörigen zu sozialen 
  Kontakten gedrängt wurden. Der immer gleiche Tagesablauf, den sie nun durch den Wegfall der wie auch immer 
  gearteten Außentermine haben, stellt für sie eine Entlastung dar. Sie bemängeln allerdings, dass Spazier- und 
  Wanderwege nicht mehr so unbelebt sind, wie sie es kennen.*
  Andere Autistinnen und Autisten – wie mein Sohn Benjamin – leiden unter den Kontaktbeschränkungen, weil 
  dadurch ihre ohnehin wenigen, aber wohldosierten Zusammentreffen mit Menschen außerhalb der Familie entfallen.
  So vielfältig wie die Empfindungen in dieser speziellen Situation sind, so vielfältig sind auch die 
  Bewältigungsstrategien – das gilt gleichermaßen für autistische und nicht-autistische Menschen. Einigen hilft es in 
  diesen Zeiten vielleicht, sich abzulenken und für eine gewisse Zeit an andere Dinge zu denken.
  Das brachte mich auf die Idee, in diesem Artikel nicht über Schwierigkeiten, düstere Gedanken oder scheinbar 
  unlösbare Aufgaben, die mit der Corona-Krise in Zusammenhang stehen, zu schreiben, sondern einige Minidialoge 
  aus unserem Alltag vor der Krise wiederzugeben. Die Aussagen stammen dieses Mal nicht nur von Benjamin, 
  sondern von allen meinen Söhnen.
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  Mutter: „Der Backofen ist schmutzig.“
  Sohn: „Der ist nicht schmutzig, der hat eine Memory-Funktion.“
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  Sohn in der Küche, die Mikrowelle ist in Betrieb. Mutter geht vorbei und wirft einen flüchtigen Blick zur
  Mikrowelle.
  Sohn: „Ich mag es nicht, wenn du auf meinen Bildschirm schaust.“
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  Zwei Söhne in der Küche:
  „Sudo, wasch die Pizzaplatte ab.“ ... „Ich lauf noch unter XP.“
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  Mutter: „Warum bringst du denn die Werbung aus dem Briefkasten mit?“
  Sohn: „Weil du mich nicht als Spam-Filter abgerichtet hast.“
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  Vater: „Hast du Doom schon durchgespielt?“
  Sohn: „Nein, ich muss mich erst um Quake kümmern.“
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  Mutter: „Was willst du nun machen?“
  Sohn: „Erst die Randbedingungen festlegen, dann das Problem lösen.“
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  Mutter: „Kannst Du mir eine klare Antwort geben?“
  Sohn: „Nein, ich bin ein Quantenteilchen, ich habe nur Aufenthaltswahrscheinlichkeiten ...“
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  Mutter: „Warum kannst du denn den Müll nicht mitnehmen?“
  Sohn: „Ich habe nur die von der USK gekürzte Version vom Real Life.“
  Liebe Leserinnen und Leser, ich hoffe, es ist mir gelungen, Sie für ein paar Momente aus Ihrem Alltag zu entführen. 
  Vielleicht haben Sie an der einen oder anderen Stelle geschmunzelt. Auf jeden Fall hoffe ich, dass wir alle bald 
  entweder eine von „der USK gekürzte Version vom Real Life“ ohne Corona-Virus oder eine von „der USK nicht 
  gekürzte Version vom Real Life“ ebenfalls ohne Corona-Virus haben werden – je nachdem, aus welchem Blickwinkel 
  die Angelegenheit betrachtet wird.
  Bleiben Sie gesund und guten Mutes.
  *Nachtrag 24. Mai 2020:
  Zum Weiterlesen:
  Wahrnehmung in Krisenzeiten
  Meine Gedanken zu Corona